Ayurveda ist, kurz gesagt, die traditionelle Heilkunst Indiens. Es blickt auf eine über 3000-jährige Geschichte zurück. Im Zentrum dieses ganzheitlichen Gesundheitssystems stehen Gleichgewichte, Vorbeugung und die individuelle Konstitution des einzelnen Menschen.
Ein Artikel in der Fachzeitschrift Frontiers in Medicine hat 2024 erhoben, wie gut Ayurveda in Deutschland schon etabliert ist.
9,3 Prozent der deutschen Bevölkerung haben bereits Ayurveda in irgendeiner Form genutzt. Davon wenden 1,7 Prozent Ayurveda regelmäßig an, während 7,6 Prozent es schon einmal ausprobiert haben.
Somit ist Ayurveda eine der beliebtesten traditionellen Gesundheitslehren in Deutschland. Während moderne Behandlungsmethoden sich stark auf die Bekämpfung von Symptomen konzentrieren, setzt es auf ein tiefes Verständnis der Ursachen eines Leidens wie Bluthochdruck, die sowohl auf körperlicher als auch auf geistiger Ebene liegen.
Dieser Artikel zeigt Ihnen, wie Bluthochdruck heute bei vielen Menschen entsteht, wie Ärzte ihn normalerweise behandeln und warum Ayurveda eine so gute Ergänzung dazu sein kann.

Bluthochdruck: ein stilles, aber weit verbreitetes Leiden
Bluthochdruck (Hypertonie) gilt als Volkskrankheit. In Deutschland sind laut Robert Koch-Institut etwa ein Drittel der Erwachsenen betroffen.
Viele wissen gar nicht, dass sie zu hohe Werte haben, denn Bluthochdruck verursacht keine Schmerzen. Erst nach Jahren kann er zu schweren Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Nierenversagen führen.
Bei den Ursachen spielt unsere moderne Lebensweise eine zentrale Rolle: zu wenig Bewegung, chronischer Stress, schlechte Schlafgewohnheiten, zu viel Salz, Alkohol und Nikotin.
Auch Übergewicht ist ein Risikofaktor. Viele Menschen arbeiten im Sitzen, essen hastig und werden mit Unmengen an Informationen überflutet. Der Körper kommt kaum noch zur Ruhe, worunter das Herz-Kreislauf-System leidet.
Zwar gibt es auch genetische Veranlagungen für hohen Blutdruck, doch in der Mehrheit der Fälle handelt es sich um sogenannte essenzielle Hypertonie, bei der keine bekannte organische Ursache vorliegt.
Konventionelle Behandlung: Medikamente und ihre Grenzen
Die Schulmedizin verfolgt beim Thema Bluthochdruck meist eine klare Strategie: Sie verwendet Medikamente, um den Druck zu senken, weil das Folgeerkrankungen verhindert. Dafür gibt es mehrere Gruppen von Wirkstoffen, darunter ACE-Hemmer, Betablocker, Diuretika und Kalziumantagonisten.
Diese Medikamente sind oft lebensrettend und unbestritten sinnvoll. Besonders bei stark erhöhtem Blutdruck oder bereits bestehenden Organschäden sind sie unverzichtbar.
Doch es gibt auch Schattenseiten: Manche Menschen vertragen solche Präparate schlecht, klagen über Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Schwindel, Potenzstörungen oder kalte Hände und Füße.
Außerdem behandeln diese Medikamente nicht die Ursache, sondern nur das Symptom erhöhter Blutdruck.
Normalerweise empfehlen Ärzte auch Änderungen im Lebensstil, die aber im Alltag oft untergehen. Viele Patienten verlassen sich auf die Tabletten und nehmen ihre Mitverantwortung für ihre Gesundheit nicht wahr. Genau hier kann Ayurveda eine wertvolle Ergänzung bieten.
Ayurveda bekämpft nicht einfach ein Symptom. Es fragt nicht, wie sich der Blutdruck senken lässt, sondern warum er erhöht ist, was aus dem Gleichgewicht geraten ist und wie man dieses Gleichgewicht auf natürliche Weise wiederherstellen kann.
Die ayurvedische Sichtweise: Bluthochdruck als Ausdruck eines Ungleichgewichts
Ayurveda versteht Krankheit nicht als isoliertes Ereignis, sondern als Ergebnis eines gestörten Gleichgewichts im Körper und Geist. Grundlage sind die drei Doshas:
- Vata (Bewegung: alles, was mit Aktivität, Atmung, Nervenimpulsen und Kreislauf zusammenhängt)
- Pitta (Stoffwechsel und Transformation: Verdauung, Temperaturregulation, Hormone und Intelligenz)
- Kapha (Struktur: Körperbau, Gewebe, Flüssigkeitshaushalt und emotionale Beständigkeit)
Jeder Mensch hat eine individuelle Dosha-Konstitution. Gerät diese dauerhaft aus dem Lot, zum Beispiel durch falsche Ernährung, Stress oder ungesunden Lebensstil, entstehen Krankheiten.
Bluthochdruck ist aus ayurvedischer Sicht meist mit einer Störung von Vata oder Pitta verbunden. Ein Vata-Typ neigt bei Stress oder Nervosität zu unregelmäßigem Blutdruck, innerer Unruhe und Schlafstörungen.
Ein Pitta-Typ entwickelt bei Überarbeitung, Ärger oder scharfer Ernährung eher einen konstant hohen Blutdruck, begleitet von Reizbarkeit, Kopfschmerzen oder Hitzegefühlen.
Auch Stoffwechselrückstände und Schlacken, im Ayurveda Ama genannt, spielen eine Rolle. Sie entstehen, wenn das Verdauungsfeuer Agni geschwächt ist. Ama kann die Blutgefäße blockieren und den Fluss der Lebensenergien behindern. Der Blutdruck steigt.

- Erektionsstörungen
- STI Tests
- Asthma
- Übergewicht
- Bluthochdruck
- und viele mehr

Ayurvedische Therapie: Ganzheitlich und individuell
Wer tiefer in das Thema Ayurveda und Bluthochdruck einsteigen will, sollte sich einen Artikel dazu in der Fachzeitschrift Journal of Ayurveda and Integrated Medical Sciences aus dem Jahr 2023 (leider nur in englischer Sprache) durchlesen.
Eine ayurvedische Behandlung bei Bluthochdruck beginnt mit einer ausführlichen Anamnese durch einen erfahrenen Ayurveda-Therapeuten. Dazu gehören die Analyse von Puls, Zunge, Haut, Augen und Konstitution, aber auch der Lebensgewohnheiten, der Ernährung, der Verdauung und des Schlafs.
Auf dieser Basis entsteht ein individueller Therapieplan, der mehrere Bereiche umfasst:
1. Ernährung: Heilsam und typgerecht
Die Ernährung spielt im Ayurveda eine zentrale Rolle. Typische Ernährungsempfehlungen bei Bluthochdruck:
- Reduzieren Sie salzige, scharfe und frittierte Speisen.
- Verzichten Sie auf Kaffee, Alkohol und stark gewürzte Fertigprodukte.
- Essen Sie frisch, warm und leicht verdaulich.
- Essen Sie viel gekochtes Gemüse, Vollkornreis, Dals (Linsengerichte), geklärte Butter (Ghee), milde Gewürze wie Kurkuma, Kreuzkümmel und Koriander.
- Trinken Sie beruhigende Tees, z. B. aus Brahmi, Ashwagandha oder Lavendel.
2. Lebensstil: Struktur und Ruhe als Medizin
Ein geregelter Tagesablauf stabilisiert Vata und bringt Ruhe ins Nervensystem. Die ayurvedischen Empfehlungen:
- Stehen Sie früh auf.
- Beginnen Sie den Tag mit einer kleinen Morgenroutine: warmes Wasser trinken, Yoga oder Spaziergang.
- Gönnen Sie sich bewusste Pausen ohne Handy oder Fernseher.
- Vermeiden Sie Überforderung und Multitasking.
- Gehen Sie vor 22 Uhr ins Bett, idealerweise nach einer kleinen Abendmeditation.
3. Bewegung: Sanft und im Einklang mit dem Typ
Bewegung ist wesentlich, aber sie muss zum Konstitutionstyp passen. Für Menschen mit Bluthochdruck eignet sich:
- Tägliches Spazierengehen in der Natur
- Yoga
- Tai-Chi oder Qigong
- Schwimmen oder Radfahren
- Spezielle Gymnastik
Vermeiden Sie extremes Krafttraining, Marathonläufe oder Hitze-Sportarten. Solche Bewegungsformen können Pitta verstärken und den Blutdruck hochtreiben.
4. Heilpflanzen: indische Kräuter
Ayurveda viele zahlreiche Heilkräuter und Nahrungsergänzungsmittel, die den Blutdruck regulieren und das Herz stärken:
- Arjuna (Terminalia arjuna): Stärkt das Herz, senkt den Blutdruck, verbessert die Durchblutung.
- Ashwagandha (Withania somnifera): Reduziert Stress, stabilisiert Nerven, wirkt blutdrucksenkend.
- Brahmi (Bacopa monnieri): Fördert geistige Ruhe und Konzentration.
- Gotu Kola (Centella asiatica): Unterstützt die Gefäße, wirkt ausgleichend.
- Knoblauch: Wird in vielen ayurvedischen Rezepturen verwendet, um den Blutdruck zu senken.
5. Panchakarma: Reinigung für Körper und Geist
Der Allgemeinmediziner Dr. Wolfgang Schachinger ist Vorstand der Deutschen Ayurvedaakademie. In einem Interview für die Website dieser Organisation schildert er die positiven Wirkungen der ayurvedischen Reinigungstherapie (Panchakarma):
„Also vor allem Autoimmunerkrankungen sprechen auf diese Art der Therapie sehr gut an, egal ob das jetzt im rheumatischen Formenkreis ist oder zum Beispiel Schilddrüsenentzündungen wie Hashimoto-Thyreoiditis. Da haben wir sehr viel Erfahrung. Wir haben viele Rheuma-Patienten, die durch diese häufig wiederholten, einfachen Reinigungs-Kuren zu Hause mit deutlich weniger schulmedizinischen Medikamenten auskommen oder davon völlig wegkommen konnten; das heißt: die wirklich gesund geworden sind. Und das sind wirklich ganz tolle Erfolge. Und man kann diese Reinigungs-Kuren auch zum Beispiel in der Begleitung von Krebspatienten einsetzen zwischen den Chemotherapien. Man kann sie auch einsetzen in der Begleitung von Bluthochdruck-Patienten, um die die Medikation immer weiter reduzieren zu können; aber auch bei Störungen im Fettstoffwechsel wie Fettleber und hohe Cholesterinwerte.“
So eine Kur dauert zwei bis drei Wochen und wird stationär in spezialisierten Zentren angeboten.
Durch Ölbehandlungen, Kräutermedizin, spezielle Massagen und Ausleitungsverfahren entgiftet und harmonisiert sie den Körper.
In der folgenden Tabelle finden Sie die wichtigsten Aspekte des Themas Bluthochdruck aus ayurvedischer Sicht kurz zusammengefasst:
Aspekt | Ayurvedischer Ansatz |
Ursachen | Ungleichgewicht der Doshas, vor allem Vata und Pitta, Stress |
Diagnose | Pulsdiagnose, Zungendiagnose, Konstitutionstyp (Prakriti) |
Ernährung | Warm, leicht, wenig Salz, viel Gemüse, beruhigende Gewürze |
Kräuter | Arjuna, Ashwagandha, Brahmi, Jatamansi |
Therapien | Panchakarma (Entgiftung), Shirodhara, Meditation |
Lebensstil | Regelmäßiger Tagesrhythmus, Yoga, Atemübungen (Pranayama) |
Fazit: Ayurveda kann helfen, den Blutdruck zu regulieren
Bluthochdruck ist ein komplexes Problem unserer Zeit. Die konventionelle Medizin bietet zwar effektive Mittel, die den Blutdruck senken. Sie berücksichtigt aber kaum die Ursachen im Lebensstil und in der Psyche.
Genau hier setzt Ayurveda an. Mit seiner ganzheitlichen und typgerechten Herangehensweise bietet es Impulse für einen bewussteren Umgang mit der eigenen Gesundheit.
Wer bereit ist, sich selbst besser kennenzulernen, achtsamer zu leben und individuell angepasste Veränderungen umzusetzen, kann mit Ayurveda nicht nur den Blutdruck senken, sondern die Gesundheit und das Wohlbefinden insgesamt verbessern.
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