- Unsere innere Uhr steuert viele Stoffwechselprozesse
- Das Tageslicht ist dabei der wichtigste Zeitgeber
- Morgens kann der Körper am effizientesten Zucker aufnehmen
- Man sollte Medikamente zu bestimmten Zeiten nehmen und regelmäßige Essenszeiten einhalten
- Wenn die innere Uhr aus dem Rhythmus gerät, helfen Tageslicht und regelmäßige Schlafenszeiten

Warum die innere Uhr Diabetes beeinflusst
Diabetes mellitus entwickelt sich gerade zu einem gesundheitlichen Problem, das sehr viele Menschen betrifft.
Im Jahr 2021 gab es weltweit rund 537 Millionen Diabetiker. In den kommenden Jahrzehnten wird diese Zahl laut Prognosen von Statista weiter ansteigen und zur Mitte des Jahrhunderts beinahe 800 Millionen betragen.
Bisher lag der Fokus der Forschung auf klassischen Risikofaktoren wie ungesunder Ernährung, Bewegungsmangel und Veranlagung. Doch ein oft unterschätzter Einflussfaktor gerät immer stärker in den Blickpunkt: der zirkadiane Rhythmus, also die innere Uhr unseres Körpers.
Diese biologische Uhr steuert nicht nur den Schlaf-Wach-Zyklus, sondern auch viele Stoffwechselprozesse. Störungen in diesem System begünstigen die Entstehung von Diabetes und machen es schwieriger, die Erkrankung zu behandeln.

Was ist der zirkadiane Rhythmus?
Der zirkadiane Rhythmus ist ein biologischer Zyklus, der viele physiologische Prozesse in unserem Körper auf einen ungefähr 24-stündigen Tagesablauf abstimmt.
Dieser Rhythmus wird vom Nucleus suprachiasmaticus im Hypothalamus gesteuert. Dieser Teil des Gehirns empfängt Lichtreize von außen und passt den Körper an den Wechsel von Tag und Nacht an.
Die innere Uhr beeinflusst unter anderem:
- Den Schlaf-Wach-Rhythmus
- Die Körpertemperatur
- Den Blutdruck
- Den Hormonhaushalt
- Den Stoffwechsel
Periphere Uhren in Organen
Neben der zentralen Uhr im Gehirn gibt es periphere Uhren in den Organen:
Die Leber reguliert die Glukoseaufnahme, den Fettstoffwechsel und die Entgiftung.
Die Uhr der Leber passt sich stark an die Essenszeiten an. Späte Mahlzeiten können diesen Rhythmus stören und den Fett- und Zuckerstoffwechsel beeinträchtigen.
Die Bauchspeicheldrüse steuert, wie Insulin produziert und ausgeschüttet wird.
Der Körper kann tagsüber effizienter Insulin produzieren. Wenn wir nachts essen, hat sich die Bauchspeicheldrüse auf Ruhe eingestellt. Sie schüttet weniger Insulin aus. Dadurch steigt der Blutzuckerspiegel.
Die Muskeln regulieren den Energieverbrauch durch Glukoseaufnahme und Fettverbrennung. Sie reagieren tagsüber empfindlicher auf Insulin. Das bedeutet, dass sportliche Aktivitäten während des Tages effektiver zur Regulierung des Blutzuckers beitragen.

- Erektionsstörungen
- STI Tests
- Asthma
- Übergewicht
- Bluthochdruck
- und viele mehr

Der Einfluss des Tageslichts
Licht ist der wichtigste Zeitgeber für den zirkadianen Rhythmus. Das Tageslicht synchronisiert die innere Uhr, während künstliche Lichtquellen, besonders blaues Licht von Bildschirmen, sie stören.
Die Augen spielen die zentrale Rolle bei der Regulierung des zirkadianen Rhythmus. Dabei sind nicht nur die klassischen Fotorezeptoren (Stäbchen und Zapfen) für das Sehen verantwortlich, sondern auch spezielle lichtempfindliche Zellen: Melanopsin-haltige Ganglienzellen in der Netzhaut reagieren besonders empfindlich auf blaues Licht.
Es ist möglich, dass Licht auch über die Haut biologische Prozesse beeinflusst. Die Haut produziert unter UVB-Licht Vitamin D, das viele Prozesse im Körper beeinflusst, darunter die Funktion des Immunsystems und die Stimmung.
Wenn Sie die innere Uhr stärken wollen, sollten Sie täglich morgens oder spätestens am Vormittag mindestens 30 Minuten im natürlichen Tageslicht verbringen. Ein Spaziergang am Morgen hilft besonders gut dabei, den Tag-Nacht-Rhythmus zu stabilisieren. Das fördert Energie und Konzentration.
Zusammenhänge zwischen der inneren Uhr und Diabetes
Diese Zusammenhänge im menschlichen Körper wirken sich in vieler Hinsicht darauf aus, wie Diabetes sich entwickelt:
Glukosetoleranz und Insulinempfindlichkeit
Die Verarbeitung von Glukose ist abhängig von der Tageszeit. Morgens ist die Insulinempfindlichkeit am höchsten, was bedeutet, dass der Körper effizienter Zucker aus der Nahrung in die Zellen aufnehmen kann. Abends und nachts nimmt die Empfindlichkeit ab.
Wer regelmäßig abends nascht, wird langfristig eine schlechtere Glukosetoleranz aufweisen. Das kann zu einer Insulinresistenz und schließlich zu Typ-2-Diabetes führen.
Schichtarbeit
Eine Studie chinesischer Wissenschaftler aus dem Jahr 2023 hat gezeigt, dass Schichtarbeiter ein höheres Risiko haben, an Typ-2-Diabetes zu erkranken.
Der ständige Wechsel zwischen Tag- und Nachtschichten bringt den zirkadianen Rhythmus aus dem Gleichgewicht. Dazu kommen unregelmäßige Essenszeiten, Schlafmangel und häufig eine ungesunde Ernährung.
Melatonin und Insulinsekretion
Das Hormon Melatonin steuert den Schlaf-Wach-Rhythmus. Es hat auch Auswirkungen auf den Glukosestoffwechsel.
In der Nacht steigt der Melatoninspiegel, was die Ausschüttung von Insulin hemmt. Das erklärt, warum späte Mahlzeiten problematisch sind.
Genetische Faktoren
Auch die Genetik spielt eine Rolle. Bestimmte Varianten in den Genen CLOCK und BMAL1, die den zirkadianen Rhythmus steuern, können den Glukosestoffwechsel beeinträchtigen. Menschen mit diesen Genvarianten haben oft eine gestörte Insulinproduktion.
Empfehlungen: Essenszeiten, Schlaf und Sport
Die Biologin und Ernährungswissenschaftlerin Prof. Dr. Olga Ramich vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung fasste die Empfehlungen, die sich daraus für den Alltag von Diabetikern ergeben, in einem Interview mit Ernährung im Fokus so zusammen:
„Vor allem Personen mit hohem Übergewichts- und Diabetesrisiko müssen darauf achten, den größten Anteil der Kalorien möglichst früher am Tag zu verzehren und abends keine große Mahlzeit kurz vor dem Schlafengehen zu konsumieren. Dabei muss das Abendessen optimalerweise gesund und ausgewogen sein und keinen hohen glykämischen Index haben.
Das gilt besonders für die späten Chronotypen, die Eulen. Sie müssen noch stärker darauf achten, mehr Obst, Gemüse und Ballaststoffe zu essen, zum Beispiel nach der Arbeit einen großen Teller Salat plus eiweißreiche Lebensmittel anstatt des großen Tellers Nudeln. Eulen leiden außerdem oft an Schlafmangel, der den Stoffwechsel auch negativ beeinflusst. Eulen sollten daher auf ausreichend Schlaf achten, viel Zeit an der frischen Luft verbringen und Sport treiben.“
Der Klimawandel hat für Menschen mit Diabetes gravierende Folgen. Hohe Temperaturen können den Blutzucker stark beeinflussen und gesundheitliche Risiken erhöhen. Erfahren Sie hier, wie Sie sich mit einfachen Maßnahmen wirksam schützen und auch bei Hitze sicher und gesund bleiben.
Ansätze für eine wirksamere Behandlung von Diabetes
Es gibt heute verschiedene Ansätze, wie man diese Erkenntnisse nutzen kann, um Diabetes effektiver zu behandeln:
Chronotherapie
Die Chronotherapie nutzt gezielt den zirkadianen Rhythmus, um Medikamente zum optimalen Zeitpunkt einzunehmen. Antidiabetika wie Metformin wirken morgens effektiver, weil sie besser mit den natürlichen Schwankungen des Insulinspiegels harmonieren.
Time-Restricted Eating
Time-Restricted Eating beschränkt die Nahrungsaufnahme auf bestimmte Stunden am Tag. Das Essen innerhalb eines acht- bis zehnstündigen Zeitfensters (vorzugsweise früh am Tag) verbessert die Insulinempfindlichkeit und reduziert Blutzuckerspitzen.
Schlafhygiene
Ein gesunder Schlafrhythmus ist eine wichtige Voraussetzung für die Regulierung des Blutzuckerspiegels. Zu wenig oder schlechter Schlaf erhöht das Risiko für Insulinresistenz. Feste Schlafenszeiten, eine ruhige Schlafumgebung und der Verzicht auf Bildschirmzeit vor dem Schlafengehen verbessern den Schlaf.
Lichttherapie
Gezielte Lichttherapie kann einen gestörten zirkadianen Rhythmus wieder in Einklang bringen. Besonders bei Schichtarbeit oder saisonalen Stimmungsschwankungen hilft Lichttherapie dabei, die Insulinempfindlichkeit zu verbessern.

Fazit: Diabetiker sollten auf ihre innere Uhr achten
Der zirkadiane Rhythmus beeinflusst den Glukosestoffwechsel auf vielfältige Weise. Ein bewusster Umgang mit Schlaf, Licht, Bewegung und fixe Essenszeiten können dabei helfen, Diabetes vorzubeugen oder die Erkrankung besser zu behandeln.
Wenn wir lernen, sie richtig zu nutzen, ist die innere Uhr ein mächtiger Verbündeter im Kampf gegen Diabetes.
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