- Welche ungewöhnlichen Verhütungsmethoden im alten Ägypten genutzt wurden.
- Wie die Griechen und Römer Pflanzen wie Silphium zur Empfängnisverhütung einsetzten.
- Welche Methoden im mittelalterlichen Europa verbreitet waren.
- Wie das Viktorianische Zeitalter chemische Verhütungsmittel und feministische Ideen hervorbrachte


Altes Ägypten: Honig und Krokodilmist
Im alten Ägypten nutzten die Frauen eine Vielzahl von Verhütungsmethoden, von denen einige nach heutigen Maßstäben recht unkonventionell erscheinen. Eine davon war das Einführen einer Mischung aus Krokodilmist und Honig (oder Salpeter oder Gummi Arabicum) in die Scheide.
So unappetitlich sich diese Beschreibung auch anhört, sie könnte durchaus effektiv gewesen sein, denn der Honig wirkt als spermienabtötende Barriere, während man glaubte, dass der Krokodilkot trotz seiner unappetitlichen Beschaffenheit eine zusätzliche Blockade bewirkte.
Diese Methode zeigt das frühe Verständnis für die Schaffung einer physischen Barriere, die die Spermien daran hindern sollte, die Eizelle zu erreichen.
Interessanterweise ist Krokodilmist ähnlich alkalisch wie heute verwendete Spermizide, die das Sperma chemisch neutralisieren. Die Verwendung von Krokodilmist hatte dabei in Ägypten zusätzlich eine spirituelle Bedeutung, da Krokodile mit Unfruchtbarkeit in Verbindung gebracht wurden und deren Exkremente in der ägyptischen Medizin eine symbolische Bedeutung hatten.
Auch wenn historische Verhütungsmethoden möglicherweise gewirkt haben, raten wir dringend von einer Nachahmung ab. Die Wirkungsweise ist, wenn überhaupt, nur unzureichend belegt und eine Anwendung möglicherweise sogar schädlich. Wenn Sie verhüten möchten, verwenden Sie bitte eine moderne Methode, die dem Stand der heutigen Medizin entspricht.
Im antiken Griechenland und Rom: Silphium und Magie
Die alten Griechen und Römer verwendeten vor allem die Pflanze Silphium als natürliches Verhütungsmittel. Das heute ausgestorbene Silphium wurde wegen seiner angeblichen Fähigkeit, Schwangerschaften zu verhindern, hoch geschätzt. Die Pflanze war so wertvoll, dass sie bis zu ihrer Ausrottung geerntet wurde und sogar auf einigen antiken Münzen abgebildet war.
Dr. Riddle, Historiker an der North Carolina State University, beschreibt diese Pflanze als eine Art “riesigen Fenchel” und führt weiter aus, dass diese und weitere Pflanzen wohl nicht nur Hokuspokus waren, sondern wahrscheinlich funktionierten.
Das heute ausgestorbene Silphium gehörte zur Gattung Ferula, deren Pflanzen den Stoff Ferujol enthalten. Schon in geringen Dosen wirkt dieser Stoff bei Ratten zu fast 100 Prozent und verhindert Schwangerschaften.
Als weitere Pflanze wurden die Samen des Wiesen-Kerbels (Anthriscus sylvestris) als Verhütungsmittel oder zur Schwangerschaftsabbruch eingesetzt. Während die meisten oberirdischen Teile sogar essbar sind, beschrieb bereits Hippokrates die medizinischen Wirkungen.
Wir warnen dringend davor, die Wirkungsweise des Wiesen-Kerbels selbst auszuprobieren. Auch wenn diese Pflanze traditionell in manchen Regionen zum Würzen verwendet wird, kann es zu Verwechslungen mit dem sehr giftigen Gefleckten Schierling oder dem betäubenden Hecken-Kälberkropf kommen. Quelle
Ob diese Pflanzen tatsächlich die gewünschte Wirkung hatten, ist allerdings noch Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen. Zumindest kann man aber davon ausgehen, dass die Menschen bereits damals ihre Fruchtbarkeit beeinflussen wollten, denn nicht nur wurde sehr jung geheiratet, auch die Medizin war viel schlechter als heute und die Sterblichkeit bei Schwangerschaft und Geburt dementsprechend höher.
Darüber hinaus setzten beide Kulturen im antiken Griechenland und Rom aber auch auf magische Praktiken und Amulette, um Schwangerschaften zu verhindern, was die immer noch bestehende Verflechtung von Medizin und Aberglauben in der Antike widerspiegelt.

Das mittelalterliche Europa: Tierische Membranen und pflanzliche Heilmittel
Im europäischen Mittelalter war Empfängnisverhütung oft eine Mischung aus Zweckmäßigkeit und Aberglauben. Tierdärme und -blasen dienten als frühe Formen von Kondomen, aus denen sich später das moderne Latexkondom entwickelte.
Auch pflanzliche Mittel waren beliebt: Frauen tranken Aufgüsse aus Pflanzen wie (Ruta graveolens, Mentha pulegium, and Anthriscus sylvestris) Weinraute, Polei-Minze und Wiesen-Kerbel, denen eine empfängnisverhütende Wirkung zugeschrieben wurde.
Wenn es darum ging, das Leben einer schwangeren Frau zu retten, empfahlen christliche Ärzte bereits im Mittelalter chirurgische Verfahren zum Abbruch von Schwangerschaften. Quelle
Dies steht im Gegensatz zu den offiziellen rechtlichen und religiösen Meinungen im Mittelalter, die solche Praktiken verurteilten. Auch wenn diese meistens nur den reichen Frauen vorbehalten waren, gab es für Frauen eine Vielzahl von pharmazeutischen Verhütungsmitteln, verschiedene Praktiken zur Herbeiführung von Fehlgeburten und bereits chirurgische Verfahren zum Abbruch von Schwangerschaften.
Während der frühen Christenheit wurden nicht nur die Frauen, die eine Abtreibung unternommen hatten, ins Exil geschickt, sondern auch diejenigen, die dabei geholfen hatten. Oft wurde dies auch mit dem Tode bestraft. Nicht zuletzt werden solche Praktiken im hippokratischen Eid verboten.
Trotzdem sind die gynäkologischen Texte aus dieser Zeit voll mit Rezepten für z. B. empfängnisverhütende und abtreibende Zäpfchen, die über Jahrhunderte weitergegeben und verfeinert wurden. Eine der ältesten Nachweise stammt von Soranus von Ephesus aus dem zweiten Jahrhundert.

Vier Jahrhunderte später schrieb Aëtius von Amida in seinem medizinischen Traktat über die Verwendung von empfängnisverhütenden Vaginalzäpfchen und ging dabei auf die Verbesserungen des Rezepts aus Soranus‘ Zeit ein. Aëtius schreibt dort, dass nach der Anwendung des Verhütungsmittels „die Frau, wenn sie es wünscht, mit einem Mann Geschlechtsverkehr haben kann. Es ist unfehlbar wegen seiner vielen Versuche“. Und in einem Text aus Salerno aus dem 12. Jahrhundert wird das Beispiel von Prostituierten angeführt, die zwar häufig Geschlechtsverkehr haben, aber nur selten schwanger werden.
Eine der ersten Aufzeichnungen über einen Kaiserschnitt bei einer lebenden Frau stammt aus dem westgotischen Spanien. Der Text beschreibt, dass die Operation von einem erfahrenen griechischen (oder byzantinischen) Arzt durchgeführt wurde, der das Leben einer lebenden Mutter retten sollte, deren Kind im Mutterleib gestorben war. Quelle
Kaiserschnitte wurden zwar bereits seit der Antike eingesetzt, aber nur um ein Kind von einer toten Mutter zu retten. In den Lebensgeschichten der Väter von Mérida, die in den 630er Jahren verfasst wurden, erzählt der Autor das Leben von Paulus, Bischof von Mérida um 550:
Paulus ist ein Grieche, der in seiner Jugend eine Ausbildung zum Arzt absolviert hatte. Um das Leben einer wohlhabenden Frau zu retten, muss er seine klerikalen Gewänder ablegen und seine Hände mit einer Embryotomie beflecken. Der Text beschreibt, wie er „mit wundersamer Geschicklichkeit mit dem Messer einen äußerst gekonnten Schnitt machte und den bereits verwesenden Körper des Säuglings, Glied für Glied, Stück für Stück herauszog“, um das Leben der Frau zu retten.

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Das Viktorianische Zeitalter: chemische Empfängnisverhütungsmittel und das Aufkommmen des Feminismus
Barrieremethoden wie das Kondom gab es zu diesem Zeitpunkt schon länger, sie wurden jedoch in erster Linie zur Verhütung sexuell übertragbarer Krankheiten und nicht zur Schwangerschaftsverhütung eingesetzt. Im 18. Jahrhundert wird berichtet, dass Casanova „Sicherheitskappen“ benutzte, um zu verhindern, dass er seine Geliebten schwängerte.
1909 entwickelte Richard Richter später das erste Intrauterinpessar aus Seidenraupendarm, das Ende der 1920er Jahre in Deutschland von Ernst Gräfenberg weiterentwickelt und vermarktet wurde. Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert wurden auch chemische Verhütungsmittel immer häufiger eingesetzt, auch wenn sie noch nicht die Effektivität heutiger Präparate erreichten. Viel wichtiger war aber die politische Dimension der aufkommenden Bewegung zur Geburtenkontrolle.
Im viktorianischen England ging die Geburtenrate innerhalb einer Generation um 29% zurück. Von etwa 35,5 Geburten pro 1000 Frauen im Jahr 1870 auf etwa 29 pro 1000 Frauen im Jahr 1900. Grund dafür waren die Industrialisierung und immer besser werdende Verhütungsmethoden. Quelle
Thomas Malthus, ein anglikanischer Geistlicher, Statistiker und Wirtschaftswissenschaftler, argumentierte in An Essay on the Principle of Population (1798), dass die Bevölkerung In Zeiten und Regionen des Überflusses exponentiell ansteigt, bis die Ressourcen den Lebensunterhalt der Bevölkerung nicht mehr tragen können. Als Geistlicher jedoch verurteilte Malthus die Geburtenkontrolle als moralisch unvertretbar.
Stattdessen empfahl Malthus vorbeugende Maßnahmen wie sexuelle Enthaltsamkeit (Keuschheit) und spätere Eheschließungen, die sowohl zu einem höheren Lebensstandard als auch zu größerer wirtschaftlicher Stabilität führen würden, ohne gegen die christliche Moral zu verstoßen.
Diese Ideen führten in der politischen Debatte Englands zu Diskussionen über Geburtenkontrolle und dem Begriff der “freiwilligen Mutterschaft” was auch als die Geburtsstunde des Feminismus angesehen werden kann, denn in diesem Zusammenhang wurden Frauen über Empfängnisverhütung aufgeklärt und darüber, wie sie eine Schwangerschaft vermeiden können.

Fazit
Die medizinhistorischen Belege liefern also ein ganz anderes Bild als die offiziellen religiösen oder juristischen Texte, was Verhütungsmethoden und Abtreibungen angeht. Tatsache ist, dass Frauen aus verschiedenen vergangenen Epochen in der Tat bereits Verhütungsmittel verwendeten und Abtreibungen vornahmen.
Der große Unterschied zur beispielsweise mittelalterlichen Zeit zwischen einer Sexarbeiterin, die für ihre Abtreibungen beschämt wurde, und den hochgeborenen Frauen, für die die gynäkologischen und chirurgischen Bücher in Auftrag gegeben wurden, bestand darin, dass es sich bei letzteren um höfische Eliten handelte.
Diese hatten einfach einen besseren Zugang zu medizinischem Wissen, Behandlung und Privatsphäre und somit die Möglichkeit, diese Praktiken ohne Scham auszuüben.