Wir alle kennen es. Tag 1: Sie fühlen sich kalt. Tag 2: Der Rachen fängt an zu jucken. Tag 3: Der plötzliche Schluckschmerz strahlt bis in die Ohren aus. Zeit, zum Hausarzt ihres Vertrauens zu pilgern! Doch der ist gerade auf Urlaub. Und auch die Ärzte im Umkreis mussten sich in der gleichen Augustwoche eine Auszeit gönnen. Ob sie wohl gemeinsam verreisen?
Anstatt nun die langwierige Suche nach einem stellvertretenden Arzt zu beginnen, haben Sie dank technologischer Meilensteine eine neue Alternative. Die Telemedizin hat in den letzten Jahren bemerkenswerte Fortschritte gemacht und die Chancen stehen gut, dass Sie auch Ihre aktuellen Anliegen erfüllen kann!
Wann ist Telemedizin besonders praktisch?
Das Schöne an der Telemedizin ist, dass sie fast rund um die Uhr verfügbar ist. Auch wenn ihr Hausarzt vielleicht im Urlaub ist, gibt es noch einige andere Situationen, in denen Sie von der Telemedizin besonders profitieren können:
- Sie sind auf Urlaub in einem Land mit schlechtem Gesundheitssystem
- Sie möchten während einer Covid-Welle den Kontakt mit anderen Kranken minimieren
- Sie sind sich nicht sicher, ob Sie eine Notaufnahme aufsuchen oder warten sollen, bis Ihre Arztpraxis wieder geöffnet hat
- Sie haben Kinder zu Hause und möchten nicht mit allen im Schlepptau zum Arzt gehen
- Sie benötigen einfach ein neues Rezept
- Sie möchten sich psychisch beraten lassen und dabei anonym bleiben
- Sie möchten Ihre Laborergebnisse erfahren
- Sie können Ihren Arbeitsplatz nicht verlassen
- Sie leben in einer abgelegenen oder ländlichen Gegend leben, in der der Zugang zur medizinischen Versorgung eingeschränkt ist
- Sie haben Mobilitätsprobleme
- Erektionsstörungen
- STI Tests
- Asthma
- Übergewicht
- Bluthochdruck
- und viele mehr
Welche telemedizinischen Dienste gibt es überhaupt?
Virtuelle Konsultationen oder Online-Sprechstunden sind eine Art telemedizinischer Dienst, der es Patienten ermöglicht, über das Internet eine medizinische Konsultation mit einer medizinischen Fachkraft zu führen, in der Regel per Videokonferenz.
Der Prozess beginnt in der Regel damit, dass der Patient über eine Telemedizin-Plattform oder App einen Termin mit einem Gesundheitsdienstleister vereinbart. Der Patient erhält dann einen Link oder einen Code, mit dem er zum vereinbarten Zeitpunkt an der virtuellen Konsultation teilnehmen kann.
Während der Konsultation kann der Patient der medizinischen Fachkraft – in der Regel einer Ärztin oder einem Arzt – seine Symptome und seine Krankengeschichte mitteilen, und die medizinische Fachkraft kann Empfehlungen aussprechen oder eine Behandlung verschreiben.
Virtuelle Konsultationen können für eine Vielzahl von medizinischen Problemen genutzt werden, z. B. für leichte Krankheiten, chronische Leiden und psychische Probleme.
Patienten können virtuelle Konsultationen auch nutzen, um eine zweite Meinung einzu- oder einen früheren Termin nachzuholen. Viele virtuelle Konsultationen werden von den Krankenkassen übernommen, und einige Telemedizinplattformen bieten auch Selbstzahleroptionen an. (Quelle: bundesregierung.de)
Diese Fachärzte bieten besonders häufig Online-Sprechstunden an
Einige Fachbereiche haben die Möglichkeiten der Telemedizin schon voll und ganz für sich entdeckt und bieten daher besonders gerne eine Online-Beratung an. Dazu gehören:
Telepsychiatrie
Die Telepsychiatrie ist ein Teilbereich der Telemedizin, der sich auf die Erbringung von psychosozialen Dienstleistungen per Videokonferenz konzentriert.
Die Patienten können von der Telepsychiatrie profitieren, indem sie unabhängig von ihrem Aufenthaltsort Zugang zur psychiatrischen Versorgung haben und persönliche Besuche vermeiden können. Das kann insbesondere für Patienten mit schweren Angstzuständen oder körperlichen Einschränkungen von Vorteil sein. (Quelle: Aleksundshantu.com)
Teledermatologie
Patienten können von der Teledermatologie profitieren, indem sie ein Foto eines Ausschlags, Muttermals oder eines anderen Hautproblems virtuell übermitteln. Dadurch wird ein persönlicher Besuch oft überflüssig.
Falls einem Verdacht nachgegangen werden muss, ist oft dennoch ein Besuch notwendig, denn auf eigene Faust vor dem Badezimmerspiegel Gewebeproben zu entnehmen, ist nach wie vor schwierig bis unmöglich.
Hautkrankheiten sind oft schwer zu diagnostizieren. Daher wünschen Patienten mit Hautproblemen oft eine zweite Meinung von einem anderen Dermatologen. Eine zweite Meinung über eine Online-Sprechstunde kann Patienten helfen, eine Diagnose zu bestätigen und eine fundiertere Entscheidung über ihre Behandlung zu treffen, wie ein im Journal of the German Society of Dermatology publizierter Artikel zeigt. (Quelle: wiley.com)
Wissenswert: Amerikanische Wissenschaftler entwickelten eine App, die Fotos verdächtiger Muttermale analysiert und Melanome mit 85 Prozent Genauigkeit diagnostiziert. (Quelle: uh.edu)
Teleophthalmologie
Während einer teleophthalmologischen Konsultation führt der Patient in der Regel eine Live-Videokonsultation mit einem Augenarzt durch, und der Augenarzt kann sich die Augen des Patienten ansehen, nach den Symptomen fragen und alle relevanten medizinischen Unterlagen und Bilder einsehen.
Patienten sollten jedoch darauf achten, dem Ophthalmologen vor der Sprechstunde qualitativ hochwertige Fotos zu schicken, die auf die Problemstelle im Auge fokussiert sind.
Tipp für Patienten, die viel Wert auf ihr Aussehen legen: Deaktivieren Sie auch Ihre Beauty-Filter! Eine fotogene Aufnahme Ihrer strahlenden Augen ist zwar schön und gut, führt aber zu einer potenziellen Fehldiagnose.
Untersuchungen an der Spaltlampe kann die Teleophthalmologie noch nicht ersetzen, doch sie kann zum Beispiel für Nachsorgetermine nach einem chirurgischen Eingriff, z. B. einer Kataraktoperation, oder zur Überwachung des Krankheitsverlaufs eingesetzt werden. (Quelle: springer.com)
Teleonkologie
Die Teleonkologie ist äußerst interdisziplinär. Eine Entfernungvon Tumorgewebe über Zoom oder WhatsApp mit MRT-Bildgebung ist gegenwärtig noch Science Fiction.
Auch ist eine Krebstherapie oft äußerst langwierig und zieht viele Nachfolgeuntersuchungen nach sich. Genau dabei kann die Telemedizin das Gesundheitssystem entlasten, sodass die wertvolle Zeit der Onkologen so effizient wie möglich in Anspruch genommen wird.
Viele Patienten nehmen teilweise Weltreisen auf sich, um einen Onkologen zu treffen, der genau auf Ihre Krebsform spezialisiert ist. Diese Reisen kosten viel Zeit und Ressourcen, die oft doch viel lieber der Selbstfürsorge oder Zeit mit Familie und Freunden verwenden werden möchte. (aerzteblatt.de)
Telemedizin für die Gynäkologie
Während der Schwangerschaft können manche Frauen aus verschiedenen Gründen wie morgendlicher Übelkeit, Müdigkeit oder körperlichen Einschränkungen Schwierigkeiten haben, zu persönlichen Terminen in die Praxis zu kommen.
Die Teleobstserie ist ein Teilbereich der Telemedizin, der sich auf die Erbringung von geburtshilflichen und gynäkologischen Leistungen mittels Videokonferenzen und ferngesteuerter Technologie konzentriert. Trotzdem gibt es viele gynäkologische Untersuchungen, die im Regelfall noch nicht mittels Telemedizin durchgeführt werden, wie zum Beispiel eine Ultraschalluntersuchung und invasive Untersuchungen, Biopsien, Fruchtwasseruntersuchungen und Hysteroskopien. (Quelle: fernarzt.com)
Telerehabilitation
Obwohl noch relativ neu, ist die Telerehabilitation von entscheidender Bedeutung für den Zugang zur Gesundheitsversorgung für Menschen in aller Welt, insbesondere für diejenigen, die in abgelegenen oder unterversorgten Gebieten leben. Besonders vorteilhaft ist sie für Patienten mit Behinderungen oder körperlichen Einschränkungen, die nur schwer zu persönlichen Terminen reisen können. (Quelle: springer.com)
Die Behandlung aus der Ferne steckt noch in den Kinderschuhen
An den gegebenen Beispielen zeigt sich, dass sich der Großteil der telemedizinischen Dienstleistung auf die Aufklärung und Beratung des Patienten und die Diagnose bestimmter Zustände konzentriert.
Bei invasiveren Diagnoseverfahren und Behandlungen jenseits von Blutproben und der Online-Ausstellung von Rezepten ist die Telemedizin bislang nur in Ausnahmefällen hilfreich.
Sie ist auch nicht in der Lage, bestimmte Arten der körperlichen Therapie anzubieten, z. B. solche, die praktische Manipulationen am Körper oder Geräte wie Elektrostimulation, Traktion, Ultraschall erfordern. Apropos Ultraschall …
Bildgebung aus der Ferne
Egal ob Gynäkologe, Onkologe oder Ophthalmologe: Viele Fachärzte nutzen diverse Bildgebungstechniken zur Diagnose und Behandlung von Patienten.
Die Teleradiologie ist ein Teilgebiet der Telemedizin, die sich mit der Übertragung medizinischer Bilder wie Röntgenaufnahmen, CT- und MRT-Scans zwischen Gesundheitsdienstleistern mithilfe digitaler Technologie befasst.
Das Ziel der telemedizinischen Bildgebung ist es, medizinischen Fachkräften die Möglichkeit zu geben, unabhängig von ihrem Standort auf medizinische Bilder zuzugreifen und diese zu analysieren.
Einer der Hauptvorteile der telemedizinischen Bildgebung besteht darin, dass sie es den Fachkräften des Gesundheitswesens ermöglicht, sowohl die Erfassung als auch die Analyse medizinischer Bilder zu zentralisieren, und das trotz geografischer Herausforderungen.
So kann beispielsweise ein regionales Krankenhaus Röntgenbilder vor Ort erstellen, diese an einen Radiologen oder einen Spezialisten übermitteln, der tausend Meilen entfernt ist, und innerhalb weniger Stunden eine brauchbare Analyse zurückerhalten. (medecon-telemedizin.de)
Remote Patient Monitoring
Die Fernüberwachung von Patienten (Remote Patient Monitoring, RPM) ist eine Form der Telemedizin, die es Ärzten und Krankenschwestern ermöglicht, die Gesundheitsdaten von Patienten aus der Ferne zu überwachen, in der Regel, während sich der Patient zu Hause befindet.
Das kann den Bedarf an persönlichen Besuchen in der Klinik oder im Krankenhaus erheblich verringern und dazu beitragen, die Effizienz und Wirksamkeit der Gesundheitsversorgung zu verbessern.
RPM ist besonders nützlich für Patienten mit chronischen Erkrankungen wie Herzkrankheiten, Diabetes und Asthma, da es den Gesundheitsdienstleistern ermöglicht, die Gesundheitsdaten der Patienten regelmäßig zu überwachen und schnell zu reagieren, wenn sich der Zustand des Patienten ändert.
Wenn der eigene Arzt im Urlaub ist, kann die Fernüberwachung von Patienten besonders nützlich sein, da ein anderer Gesundheitsdienstleister den Patienten aus der Ferne überwachen und schnell reagieren kann, wenn sich sein Zustand ändert.
Anwendungsgebiete für RPM:
- Überwachung von wichtigen allgemeinen Parametern wie Blutdruck, Herzfrequenz und Sauerstoffgehalt mit tragbaren Geräten
- Überwachung des Blutzuckerspiegels bei Patienten mit Diabetes mithilfe von Blutzuckermessgeräten
- Überwachung der Lungenfunktion bei Patienten mit Asthma oder COPD mithilfe von Peak-Flow-Messgeräten
- Überwachung der Medikamententreue mithilfe von intelligenten Pillendosen oder mobilen Apps
- Überwachung der körperlichen Aktivität und des Schlafverhaltens mithilfe von Fitness-Trackern oder Smart Watches.
- Überwachung der psychischen Gesundheit mithilfe der Telepsychiatrie
Online-Rezeptausstellung
Online-Apotheken sind eine Art telemedizinischer Dienst, der es Patienten ermöglicht, verschreibungspflichtige Medikamente online zu kaufen. Diese Apotheken bieten in der Regel eine breite Palette von Medikamenten an und bieten den Patienten die Möglichkeit, Medikamente bequem von zu Hause aus zu bestellen.
Darüber hinaus bieten einige Online-Plattformen wie beispielsweise DoktorABC telemedizinische Konsultationen mit einem zertifizierten Gesundheitsdienstleister an, sodass die Patienten ein Rezept erhalten können, ohne persönlich zum Arzt gehen zu müssen.
Das kann vor allem für Patienten von Vorteil sein, die Schwierigkeiten haben, zu persönlichen Terminen zu reisen, oder für Patienten, die in abgelegenen oder unterversorgten Gebieten leben. (Quelle: Doktorabc.com)
Fazit: Die Telemedizin ist aktuell eine ergänzende, keine ersetzende Lösung.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Telemedizin die Art und Weise der Gesundheitsversorgung revolutioniert und sie für die Patienten zugänglicher, bequemer und erschwinglicher macht. Wenn Ihr Arzt im Jahresurlaub ist, bieten telemedizinische Dienste eine hervorragende Möglichkeit, medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen, ohne auf die Rückkehr des Arztes warten zu müssen.
Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass die Telemedizin zwar viele Vorteile bietet, aber auch einige Einschränkungen mit sich bringt. Telemedizinische Konsultationen beruhen in der Regel auf den vom Patienten selbst angegebenen Symptomen und seiner Krankengeschichte und nicht auf körperlichen Untersuchungen und diagnostischen Tests. Außerdem bietet die Telemedizin unter Umständen nicht die gleichen Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten wie die persönliche Betreuung vor Ort.
Außerdem kann die Telemedizin für manche Patienten die persönliche Konsultation nicht ersetzen, da sie eine gute Internetverbindung und eine hochauflösende Kamera voraussetzt. Der Behandlung auf Distanz kann auch die tiefere Verbindung und Beziehung fehlen, die manche Patienten und Ärzte bei persönlichen Besuchen finden.