- Welche THC-Grenzwerte bis 2024 galten
- Wie § 13a der Fahrerlaubnisverordnung die Rückerlangung des Führerscheins erleichtert
- Welche Voraussetzungen für eine Wiedererteilung erfüllt sein müssen
- Wie und wo Sie den Antrag stellen können

Cannabis-Legalisierung und entzogene Führerscheine: ein Überblick
Die Legalisierung von Cannabis in Deutschland hat auch im Straßenverkehr für weitreichende Veränderungen gesorgt. Bisher führte schon der bloße Konsum von Cannabis oft zum Entzug des Führerscheins, selbst wenn es keine direkte Beeinträchtigung beim Fahren gab. Das lag an strengen THC-Grenzwerten und der restriktiven Auslegung der Fahreignung durch die Behörden.
Neben der Legalisierung des Besitzes für Erwachsene gibt es eine Amnestieregel gemäß § 13a der Fahrerlaubnisverordnung, die es ermöglicht, Führerscheine zurückzugeben, die wegen des früheren Konsums von Cannabis entzogen wurden.
Davon können Tausende Betroffene profitieren, die ihren Führerschein verloren haben. Allerdings gelten einige Voraussetzungen.

Bisherige Rechtslage: Führerscheinentzug wegen Cannabis
In Deutschland galt vor 2024 eine strenge Null-Toleranz-Politik gegenüber Cannabis im Straßenverkehr. Wer THC im Blut hatte, riskierte den Führerschein. Unabhängig davon, ob er sich tatsächlich ans Steuer setzte.
Der gesetzliche Grenzwert für THC im Blut lag bis zum Sommer letzten Jahres unter den jetzigen 3,5 Nanogramm pro Milliliter (ng/ml). THC kann unter Umständen noch Stunden oder sogar Tage nach dem Konsum im Blut festgestellt werden, auch wenn es keine berauschende Wirkung mehr gibt.
Wer über dem THC-Grenzwert lag, musste mit Geldstrafen, Punkten in Flensburg und dem Entzug der Fahrerlaubnis rechnen.
Laut bisheriger Rechtsprechung wurde zwischen gelegentlichem Konsum und regelmäßigem Gebrauch unterschieden: Ein einmaliger Konsum führte nicht automatisch zum Führerscheinentzug.
Allerdings konnte schon eine einmalige Auffälligkeit im Straßenverkehr eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) nach sich ziehen. Wer regelmäßig Cannabis konsumierte, galt als ungeeignet zum Führen eines Fahrzeugs.

- Erektionsstörungen
- STI Tests
- Asthma
- Übergewicht
- Bluthochdruck
- und viele mehr

Wer profitiert von der Amnestieregel?
Wer Cannabis konsumiert und deshalb den Führerschein verloren hat, kann ihn unter Umständen zurückbekommen und die Medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) vielleicht umgehen.
Dafür gibt es jedoch eine Reihe von Voraussetzungen:
- Man wurde nur einmalig nach dem Konsum von Cannabis am Steuer erwischt.
- Der THC-Wert lag zum Zeitpunkt der Kontrolle unter 1,5 ng/ml Blut.
- Es lag kein gleichzeitiger Konsum von Alkohol oder anderen Drogen (Mischkonsum) vor.
- Es gibt keine Diagnose einer Cannabis-Abhängigkeit.
Diese Regelung gilt rückwirkend und betrifft somit auch Autofahrer, die ihren Führerschein schon verloren haben.
Einige Grenzwerte für THC im Blut, ab denen man als fahruntüchtig gilt, aus anderen Ländern:
- Niederlande: 5,0 ng
- Dänemark, Frankreich, Griechenland, Irland, Finnland: 2,0 ng
- Kanada: 2 ng/ml für Fahranfänger, sonst 5 ng/ml
- Schweiz: 3,0 ng/ml
Wie bekomme ich meinen Führerschein zurück?
Je nach der individuellen Situation gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen:
Fall 1: MPU wurde angeordnet, Führerschein ist noch vorhanden:
- Stellen Sie bei der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde einen Antrag auf Aufhebung der MPU-Anordnung.
- Ergebnis: Bei erfolgreicher Prüfung behalten Sie Ihren Führerschein ohne MPU.
Fall 2: Führerschein wurde entzogen, Widerspruch läuft:
- Stellen Sie einen Antrag auf Neubewertung unter Berücksichtigung der neuen Rechtslage.
- Ergebnis: Der Führerscheinentzug kann rückgängig gemacht und der Führerschein ohne weitere Prüfungen an Sie zurückgegeben werden.
Fall 3: Führerschein wurde entzogen, kein laufendes Verfahren:
- Stellen Sie einen Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis bei der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde.
- Ergebnis: Bei positiver Prüfung kann Ihnen die Fahrerlaubnis ohne die Anordnung einer MPU neu erteilt werden.
Die für Sie zuständige Fahrerlaubnisbehörde ist normalerweise die Führerscheinstelle Ihres Wohnortes. Die Kontaktdaten finden Sie auf der Website Ihrer Stadt- oder Kreisverwaltung.
Der Antrag sollte schriftlich erfolgen. Ein formloses Schreiben, in dem Sie Ihr Anliegen schildern und darlegen, dass Sie die Voraussetzungen der Amnestie erfüllen, ist normalerweise ausreichend. Es kann hilfreich sein, relevante Unterlagen beizufügen, die Ihre Angaben unterstützen.
Weil die genaue Vorgangsweise je nach Bundesland und individueller Situation variieren kann, ist es ratsam, sich von einem auf Verkehrsrecht spezialisierten Anwalt beraten zu lassen.
Neuer THC-Grenzwert für die Fahruntüchtigkeit
Im Zuge der Legalisierung hat die Bundesregierung eine Expertenkommission beauftragt, wissenschaftlich fundierte THC-Grenzwerte festzulegen, die eine tatsächliche Fahruntüchtigkeit verursachen.
Das Ergebnis war ein Grenzwert von 3,5 ng/ml THC im Blutserum,
In der Praxis ist die Überprüfung dieses Wertes nicht so zuverlässig wie ein Alkohol-Schnelltest. Polizeikontrollen nutzen Speichel- oder Urintests, um einen ersten Verdacht auf Cannabiskonsum zu bestätigen. Rechtlich relevant sind aber nur Bluttests, die den genauen THC-Wert (in Nanogramm pro Milliliter) bestimmen.
In einem Interview mit dem ADAC erklärte Prof. Dr. Matthias Graw, der Leiter des Instituts für Rechtsmedizin an der LMU München, warum die Einschätzung der Wirkung von THC auf die Fahrsicherheit schwierig sein kann:
„Bei THC haben wir einfach ein viel zu komplexes System. Das fängt damit an, dass Sie als Konsument gar nicht genau wissen, wie hoch die Konzentration in dem Stoff ist, den Sie zu sich nehmen. Es gibt riesige Streubreiten in der individuellen Verstoffwechslung. Bisher sind alle daran gescheitert, verlässliche Einschätzungen zu machen. […]
Alkohol baut sich kontinuierlich ab, beim THC herrschen völlig andere Verteilungs- und Abbauvorgänge.“
Sicher ist jedoch, dass der Konsum von Cannabis die Verkehrssicherheit erheblich beeinträchtigen kann.
Eine Studie, die 2013 in der Fachzeitschrift Clinical Chemistry erschienen ist, konnte das durch Daten aus Fahr- und Simulationstests nachweisen. Besonders stark sind die Auswirkungen von Cannabis auf die Reaktionsfähigkeit in den ersten beiden Stunden nach dem Konsum.
Die Entdeckung des körpereigenen Endocannabinoid-Systems 1988 revolutionierte unser Verständnis von Cannabis als Medizin. Heute profitieren Millionen Patienten von standardisierten Cannabis-Medikamenten bei verschiedenen Erkrankungen. Deutschland entwickelt sich dabei zum europäischen Vorreiter, mit prognostizierten 311.000 Patienten bis 2027.
Einige offene Fragen
Die teilweise Legalisierung von Cannabis und die damit verbundene Amnestieregel werfen immer noch einige rechtliche und praktische Fragen auf.
Ein Problem betrifft Menschen, die medizinisches Cannabis mit ärztlichem Rezept nutzen. Aktuell werden sie häufig wie Freizeitkonsumenten behandelt.
Vor allem für die praktische Arbeit der Polizei wäre es hilfreich, zuverlässige Schnelltests für THC einsetzen zu können. Viele Polizeibeamte müssen noch besser geschult werden, um eine Cannabis-Beeinflussung besser zu erkennen.

Fazit: Es gibt Chancen, den Führerschein zurückzubekommen
Die Amnestieregel bietet Betroffenen die Chance, ihren Führerschein zurückzubekommen, wenn ihnen dieser nur wegen des Konsums von Cannabis entzogen wurde.
Die geplante Reform könnte für mehr Gerechtigkeit sorgen, bringt aber noch offene Fragen zur praktischen Umsetzung mit sich.
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